Ferrum Noricum, eine wohlklingende Trade Mark im römischen Weltreich. Die Stärke des norischen Stahls war laut Ovid sprichwörtlich. Nicht zuletzt hat die waffentechnische Überlegenheit der römischen Legionen auf dem härteren, bruchfesteren und schärferen Stahl aus der Provinz im Norden gefußt, gehandelt am Magdalensberg in Kärnten. Aber jetzt kommt‘s: Historische Quellen deuten darauf hin, dass zumindest ein Teil des Eisens vor der Zeitenwende auch aus dem Burgenland gekommen sein könnte. Aber wie viel?

Pingenfelder im Oberpullendorfer Becken

Ziemlich viel, meint Mario Wallner aus dem Team von Prof. Neubauer vom Ludwig Boltzmann Institut. Er kann seine Vermutung untermauern: Schon lange war den Archäologen ein 250 ha großes von kreisrunden Mulden vernarbtes Feld im Oberpullendorfer Becken im Burgenland ins Auge gestochen. Die kreisrunden Mulden stammen von sogenannten „Pingen“: Runde und bis zu 6 Meter tiefe Löcher. Gegraben, um an die Eisenerzschicht nur wenige Meter unter der Grasnarbe zu kommen.

Hier die technischen Eckdaten der anschließenden Verhüttung vor Ort: Man nehme 1t Eisenerz, 2,5 Tonnen Holzkohle, betreibe damit einen Rennofen – den Hochofen der Steinzeit – und erhalte daraus 136 kg Roheisen.

Aber wie viel Eisen wurde damals abgebaut? Also wie viele solcher Pingen gab es überhaupt? Diese zentrale Frage war von den Archäologen lange nicht zu beantworten. Herkömmliches Graben ist wegen des hohen Grundwasserspiegels dort nur schwer möglich.

Ruhrgebiet der Kelten

Bis Prof. Neubauer mit seinem Team und der High-Tech-Archäologie kam: mit ALS – Airborne Laser Scanning vom Flugzeug aus – gelang es, die im Wald verborgenen Pingen form- und lagegenau zu kartieren. Dadurch war erstmals eine genauere Abschätzung der vorindustriellen Eisenproduktion im Oberpullendorfer Becken möglich: Über einen Zeitraum von 100 Jahren wurden im Burgenland 48 bis 85 t Roheisen pro Jahr abgebaut. Genug um jedes Jahr 10.000 Soldaten, das sind 2 römische Legionen, mit Schwertern auszurüsten. Also nennen wir es beim Namen: das Burgenland könnte quasi eine Art „Ruhrgebiet der Kelten“ sein. Eine archäologische Sensation.

Deserta Boiorum

Laut Wallner spricht ein weiteres Indiz für ein solches Eisen-Handelszentrums in Schwarzenbach: Für so viel Eisen, braucht man noch viel mehr Holz! 2200 bis 3900 ha Wald mussten die Kelten – genauer der keltische Stamm der Boier – nach Wallners Berechnungen roden, um das viele Eisen aus dem Erz zu kriegen. Zurück blieb ein verwüstetes Ödland, wie mit Bombenkratern übersäht, das die Römer „deserta boiorum“ nannten, das „durch die Boier verwüstete Land“.

Der Begriff „deserta boiorum“ tauchte übrigens fast zeitgleich mit dem Gütesiegel „ferrum noricum“ auf. Vielleicht ein weiteres Indiz für das „Ruhrgebiet der Kelten“ mitten im heutigen Burgenland… Das zur Trademark von Prof. Neubauer und seinem Team werden könnte.

aus Quantensprung „Ruhrgebiet der Kelten“ mit Prof. Wolfgang Neubauer vom 24. Okt. 2018 ORF III