Liebe Mitbewohner:innen!

Die Südoststeiermark ist unter Meteorolog:innen quasi weltberühmt. Es ist die gewitterreichste Region Europas. Schwere Gewitter mit Hagel und Sturm und immensem Schäden sind derart häufig, dass im 17. und 18. Jahrhundert rund 300 Hexen und Zauberern auf der Riegersburg der Prozess gemacht wurde. Schließlich war ohne Zweifel Hexerei im Spiel. Und die Gewitter? Die blieben davon völlig unbeeindruckt. Ein meteorologisches Phänomen kann man nicht durch brennende Scheiterhaufen in die Knie zwingen. Aber: Kann das vielleicht der Klimawandel? Macht der ein Ende mit dem Hexenkessel? Genau mit dieser Frage habe ich mich anlässlich eines Klimavortrags im steirischen Vulkanland auseinandergesetzt.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Der Klimawandel macht’s nicht besser. Die Lage in der Südoststeiermark ist eben sehr besonders. Im Schutz der Berge im Norden kommt im Vulkanland zeitweise warme, vom nahen Mittelmeer angefeuchtete Luft zu liegen. Nähert sich nun aus Nordwesten eine Kaltfront, wird diese Luft durch den Südwestwind vor der Front nicht verblasen, sondern an die Berge gedrückt. Dadurch kann sich die Kaltluft über die Berge kommend über die warme Luft stülpen, und dann geht es los: Die leichte Warmluft drängt mit aller Macht nach oben, bis die Feuchtigkeit in ihr zu Wolken kondensiert, was den Turbo erst richtig zündet. Es entstehen mächtige Gewittertürme mit Aufwindschläuchen und irrwitzigen Vertikalgeschwindigkeiten. Auf der Autobahn wäre bei der Geschwindigkeit der Führerschein weg. Also vertikale Orkanwinde, die im Extremfall faustgroße Hagelschloßen wachsen lassen und in Schwebe halten, bis sie am Ende zu schwer werden und auf Häuser, Felder und Plantagen mit zerstörerischer Wucht niederprasseln. So die Situation seit Jahrtausenden.

Vortrag in Feldbach im steirischen Vulkanland 

Und der Klimawandel? Der macht es noch schlimmer. Der Antrieb für die Aufwindschläuche kommt von der gespeicherten Feuchtigkeit in der Luft. Je feuchter, desto mehr Energie wird frei. Und warme Luft kann – wie man es vom Fön im Badezimmer kennt – mehr Feuchtigkeit aufnehmen als kalte Luft. Daher haben Starkregenereignisse – also wenn es nicht ein bisschen tröpfelt, sondern wie aus Schaffeln, Kübeln oder Eimern schüttet – in den vergangenen Jahren durch die Klimaerwärmung bereits zugenommen. Das hat man dieses Jahr in Graz bitter zu spüren bekommen, als es am 30. Juli in Gratkorn innerhalb von nur zwei Stunden 160 Liter/m2 Regen vom Himmel spülte. Das ist beinahe die doppelte Menge eines normalen Julis. Ein Schaden von ca. 100 Millionen Euro war zu beklagen. Also keine Schützenhilfe vom Klimawandel. Im Gegenteil: Wenn Gewitter, dann fallen sie oft sogar heftiger aus als früher.

Eine Hoffnung haben wir noch: Kommen wenigstens diese berüchtigten südoststeirischen Gewitterlagen durch den Klimawandel seltener vor? Auch hier gibt es keine wirklich gute Nachricht. Es ist zwar möglich, dass Gewitter eventuell seltener werden, weil stabile Hochdruckgebiete sich durch den Klimawandel häufen und diese die Kaltfronten fernhalten. Wir handeln uns mit stabilen Sommerhochs allerdings einen großen Nachteil ein: Trockenheit. Heute beherbergt das Vulkanland die ertragreichsten Maisäcker pro Hektar der Welt. Die Mischung aus Sonne, Wärme und Wasser scheint ideal. Mit den zukünftig trockeneren Sommern wird sich das ändern. Aber statt wie vor 300 Jahren nach Sündenböcken für Missernten zu suchen, nehmen wir uns besser selbst an der Nase  und unternehmen etwas gegen den Klimawandel.

Liebe Mitbewohner:innen, lasst uns das tun!