Liebe Mitbewohner:innen! 

Wo ist der Klimawandel, wenn man ihn braucht? Sogar Klimaexpert:innen rutscht dieser Gedanke aus, wenn sie dieser Tage – wir haben fast schon Mitte März – mit klammen Fingern an der Haltestelle frieren, weil sie die Handschuhe vergessen haben. Ist es nicht viel zu kalt? Sollte der Frühling durch den Klimawandel nicht schneller da sein? Das heißt es doch immer. Antwort: Doch, das ist schon so. Normalerweise. Wenn es aber – so wie heuer – einmal anders ist und der Frühling Verspätung hat, dann steckt genauso der Klimawandel dahinter. Verrückt, aber wahr. 

1950 war frühlingshaft 

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es verdammt kalt ist. Sogar die Schneeglöckchen haben Verspätung und sind im Westen Österreichs noch kaum gesichtet worden. Um das richtig einzuordnen: 1950 zum Beispiel war es wesentlich frühlinghafter, es war milder und die Schneeglöckchen waren schon verblüht. Also, was ist jetzt mit dem Klimawandel? Zu dieser Frage gibt es zwei Antworten. Die erste hat damit zu tun, dass der Frühling ein unstetes Vögelchen ist. 

Die launische Diva 

Beim Frühling ist das ein bisschen wie bei Fingerabdrücken, nur noch viel extremer. Kein Fingerabdruck ist bekanntlich wie der andere, aber jeder Fingerabdruck ist wenigstens sofort als solcher erkennbar. Der Frühling hat da mehr drauf, er kann tarnen und täuschen. Ein Kalendertag im meteorologischen Frühling, zum Beispiel der 10. März, kann im Extremfall mild wie im Spätfrühling sein oder sich wie ein Tag im Hochwinter aufführen. So wie heuer, mit eisigen Morgentemperaturen und leichten Plusgraden am Nachmittag. Wenn man nun den Frühling nicht am Kalender, sondern an der Blüte von Zeigerpflanzen wie dem Schneeglöckchen festmacht, wie es die Biologen tun, gebart sich der Frühling flatterhaft wie eine Diva. Von einem Jahr auf das andere können Schneeglöckchen vier Wochen früher oder später blühen. Man kennt das.  

Klimasignal schwächer 

Das Signal der Klimaerwärmung kann da nicht mithalten: Bezogen auf das Mittel der Jahre 1961 bis 1990 blüht das Schneeglöckchen im Mittel gute 10 Tage früher als damals, das ist der unleugbare Treibhauseffekt. Es bedeutet aber, dass die natürlichen 30 Tage der Variabilität von Jahr zu Jahr immer wieder das schwächere Klimasignal überdecken, so wie heuer. Das liegt in der Natur der Sache. Ganz ähnlich, wie es übrigens bei den Wintern ist, die trotz Klimawandel auch mal kalt sein können. Trotzdem: Der Klimawandel ist sehr wohl da, auch wenn er manchmal von einer Witterungskapriole überdeckt wird.  

Mehr Spätfröste gefährden den Obstbau 

Jetzt aber zur zweiten Antwort auf die Frage nach dem Klimawandel. Das mag sich jetzt wie ein Widerspruch anhören, aber trotz Klimawandel werden uns auch in Zukunft bissige Kaltlufteinbrüche heimsuchen – die ursächlich mit dem Klimawandel zusammenhängen. Stark vereinfacht erklärt: Wir haben über die massive Klimaerwärmung in den polaren Breiten am Starkwindband über unseren Köpfen gedreht. Der sogenannte Jetstream in großer Höhe ist dadurch schwächer geworden und kann die polare Kaltluft am Boden nicht mehr so gut einschnüren und im Norden zurückhalten. Die Folge sind häufigere Kaltlufteinbrüche bei uns in den mittleren Breiten. Das ist eine schlechte Nachricht für den Obstbau, zum Beispiel für die Marillenblüte in der Wachau: Die verfrühte Blüte durch die laufende Klimaerwärmung gepaart mit einer größeren Wahrscheinlichkeit für Spätfröste lässt für die Zukunft größere Frostschäden befürchten. 

Es lohnt sich, gegen den Klimawandel zu kämpfen. 

 Liebe Mitbewohner:innen, lasst uns das tun!